260 §. 9l Die Religionskriege in Deutschland.
neue Papst Julius Iii verlegte das Concil wieder nach Trient
zurück, und da jetzt auch die deutschen Erzbischöffe und Prälaten
ihren Sitz dort einnahmen, so schickten auch einige protestantische
Fürsten, darunter Sachsen, ihre Theologen zum Concil. Schon
schien der Kaiser seinem Ziele, der Beschränkung päpstlicher Ge-
walt, nahe zu seyn, als sich plötzlich die auswärtigen Angelegen-
heiten wieder so drohend gegen ihn gestalteten, daß er es für
gut fand, vor Allem den Widerstand in Deutschland zu brechen.
Er befahl daher Moritzen, an dem widerspenstigen Magde-
burg die Reichsacht zu vollstrecken, und dieser schloß die
Stadt mit einem Heere ein.
Da aber ganz Deutschland den vom Kaiser ausgehenden
Druck täglich härter empfand und den Moritz als Urheber
desselben ansah und verabscheute; Moritz selbst aber mit des
Kaisers Politik unzufrieden war (theils weil dieser seinen
Schwiegervater fortwährend in hartem Gewahrsam hielt, theils
weil der Kaiser damit umgieng, seinen Sohn, den sp a n i sch e n
Philipp, den Deutschen zum Nachfolger im
Kaiserthum aufzudringen): so änderte Moritz plötz-
lich seine Gesinnung gegen den Kaiser. Er schloß insgeheim
mit einigen protestantischen Fürsten einen Bund und verschaffte
sich von König Heinrich Ii von Frankreich Geldhülfe gegen
das Versprechen, ihm dafür das Reichsvicariat von M e tz,
Tou), Verdun und Cambray (Kammerich) zu überlassen;
alsdann vertrug er sich mit der Stadt Magdeburg, brach mit
seinen Bundesgenossen Wilhelm von Hessen und Mark-
graf Albrechtvonbrandenburg-Culmbach gegen
den Süden auf und überfiel den nichts Arges ahnenden
Kaiser in Innsbruck, so daß dieser kaum Zeit hatte
nach Kärnthen zu entfliehen.
Hierauf berief sein Bruder, König Ferdinand, die pro-
stantischen und katholischen Fürsten zu einem Fürstentag nach
Passau, auf welchem
1832 im Passauer Vertrag den Protestanten Augsburgischer
Confession völligegewifsensfreiheit eingeräumt und die
bürgerliche Rechtsgleichheit in Aussicht gestellt wurde. Nachdem
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Extrahierte Personennamen: Julius_Iii Moritz Moritz Philipp Philipp Moritz_plötz- Heinrich_Ii_von_Frankreich_Geldhülfe Heinrich Wilhelm Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Deutschland Deutschland Verdun Magdeburg Hessen Albrechtvonbrandenburg-Culmbach
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§. 97. Der westfälische Friede.
In diesem Frieden erhielten mehrere Reichsftände Ge-
bietsvergrößerungen; andere erlitten Gebietsschmälerungen;
andern wurde ihr voriges Besitzthum theils bestätigt, theils
wiederzurückgegeben (wie denn der älteste Sohn Friedrichs V
mit der Kurwürde auch die Pfalz, mit Ausnahme der Ober-
pfalz, welche bei Kurbayern blieb, wieder bekam); allen
Reichsfürsten aber wurde die Landeshoheit versichert;
— Schweden erhielt den größten Theil von Pommern
mit Rügen, jedoch unter deutscher Hoheit; —an Frank-
reich aber mußte das österreichische Elsaß und der
Sundgau nebst den Festungen Breisach und Phi-
lippsburg abgetreten werden; — der Schweiz
und den Niederlanden wurde die Unabhängigkeit zu-
erkannt ; den Protestanten, mit Einschluß der R e-
formirten, wurden die Vortheile des Passauer Vertrags
und des Augsburger Religionsfriedens ohne allen Vor-
behalt nebst dem Genüsse der bis zum Jahre 1624 einge-
zogenen geistlichen Güter zugestanden. — Unter dem Vor-
wand der Aufrechthaltung dieses Friedens wußte Frankreich
acht deutsche Fürsten durch den (älteren) Rheinbund mit
sich zu verbinden!
Der dreißigjährige Krieg hatte Deutschlands Wohlstand
völlig vernichtet: die Hälfte seiner Bewohner war durch
Schwert, Hunger und Seuchen umgekommen , viele Städte
waren zerstört, alle heruntergekommen, unzählige Dörfer
verwüstet, zum Theil vertilgt, viele Ländereien verödet;
Ackerbau, Gewerbfleiß und Handel gesunken, Wissenschaft
und Kunst gehemmt, großartige Werke und Schöpfungen
vieler Jahrhunderte zertrümmert und verschleudert, und was
das Schlimmste war, deutsche Sitte und Art schwer ver-
letzt , und manche dieser Wunden konnte selbst die Zeit nicht
mehr heilen.
Der Friede selbst hat, in religiöser Beziehung
zwischen Katholiken und Protestanten einen auf völliger
Gleichstellung beruhenden,unumstößlichen Rechts-
zuftand geschaffen, und das war für alle Folgezeit der
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Extrahierte Personennamen: Friedrichs
Extrahierte Ortsnamen: Friedrichs Schweden Pommern Breisach Niederlanden Frankreich Rheinbund Deutschlands
H. 97. Der dreißigjährige Krieg. 287
Hessen, Württemberg und Baden, die zu den Schweden hielten)
auch beitraten.
Alles schien sich nun zur längstersehnten Ruhe anzulassen,
als plötzlich Frankreich, das von Anfang an bis hieher
die Schweden nur heimlich begünstigt hatte, sich jetzt offen
mit den Schweden verbündete, fortwährend in
der Absicht, um Habsburgs Macht, die sich durch
den Prager Frieden wieder zu befestigen schien, zu verrin-
gern und deutsche Länder am Rhein an sich zu
reißen. Dadurch verwandelte sich der Religionskrieg voll-
ends in einen politischen Partei- und Bürgerkrieg, und selbst
bei den meisten der deutschen Stände handelte es sich nicht
mehr um Beschränkung oder Vertheidigung der Gewissens-
freiheit, sondern um möglichst ausgedehnte Unabhängigkeit
vom Kaiser.
Während die Schweden im nördlichen Deutschland das
österreichisch-sächsische Heer beschäftigten, besetzten die Fran-
zosen das Elsaß und unterstützten den Herzog Bernhard
von Weimar bei seinem siegreichen Vordringen gegen das
ligistische Heer am Rhein, mit dem Versprechen, ihm das
Elsaß und den Breisgau als ein Fürstenthum zu geben.
Als er aber die von ihm eroberte Festung Breisach an
sie heraus zu geben sich weigerte, indem er sie als einstwei-
liges Unterpfand behalten wollte, so starb er ganz
plötzlich und die Franzosen nahmen auf der
Stelle das Elsaß und den Breisgau in ei-
genen Besitz.
Viele Jahre noch dauerte der verheerende Krieg, wäh-
rend welcher Zeit das unglückliche Deutschland nach allen Rich-
tungen von brandschatzenden und plündernden Heeren auf
das entsetzlichste verwüstet wurde; bis zuletzt, des langen
Elends müde, die streitenden Parteien zu Friedensunter-
handlungen in Osnabrück und M ü n st e r zusammentraten,
aber erst nach einer fünfjährigen, vorzüglich durch die
nichtswürdige Staatskunst Frankreichs bewirkten Hinhaltung
1648 d. 24. Oct. der westphälische Friede zu Stande kam.
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Extrahierte Personennamen: Bernhard
von_Weimar
Extrahierte Ortsnamen: H. Hessen Württemberg Baden Frankreich Schweden Schweden Habsburgs Rhein Schweden Deutschland Rhein Breisach Deutschland Osnabrück Frankreichs